Via Regia: Dresden – Brüssel

Unsere Motivation

2011 ist das Jahr der Via Regia, jener historischen Handelsstraße welche Ost- und Westeuropa vereint. Sie ist eine der wichtigsten europäischen Verkehrsverbindungen vom frühen Mittelalter bis weit in die Neuzeit hinein. Die älteste konkrete Überlieferung stammt aus dem Jahre 1252 aus dem Bistum Meißen. Doch höchstwahrscheinlich reisten entlang der Via Regia schon seit der Zeit vor Christi Händler aber auch Botschafter und, in neuerer Zeit, Pilger, auf ihr quer durch Europa. Sie ist präsent bis in die heutige Zeit und prägt die europäische Infrastruktur und Kultur gleichermaßen. Nach wie vor gilt sie als bedeutendste europäische Verbindungsstrecke und ist „Kulturstraße des Europarates“. 2011 findet in Görlitz die Landesausstellung „800 Jahre Bewegung und Begegnung“ statt.

2011 das bedeutet auch 60 Jahre Erfolgsgeschichte für das moderne Europa, welche am 18. April 1951 durch den Vertrag von Paris zur Gründung der Montanunion (Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl) begonnen wurde. Dieses Europa welches für viele von uns heute oft als selbstverständlich, manchmal auch unverständlich empfunden wird, eint einen der größten Kulturkreise weltweit.

Nachdem wir in den vergangenen Jahren die Via Regia bis nach Weißrussland erkundet haben, brachen wir dieses Jahr nach Brüssel auf. Gemeinsam mit Jugendlichen aus Deutschland und der Ukraine starteten wir in Dresden, um entlang der Via Regia bis nach Brüssel mit dem Fahrrad zu fahren.

 

Das Tourtagebuch

21.07.2011 Dresden – Dürrweitschen

Nach 28 stündiger Busfahrt erreichten unsere ukrainischen Reisepartner endlich Dresden. Den Temperatursturz Kiew (38°C) – Dresden (17°C) konnten wir mit einem Shopping- und Touristenbummel aklimatisieren. Nach dem ausgedehnten Stadtbummel, sind wir mit der Straßenbahn in das Bootshaus vom Dresdner Ruderverein e. V. gefahren, wo wir ein Schnupperrudern absolvierten und unsere Tour-T-Shirts empfingen.

 

22.07.2011 Dürrweitschen – Sermuth, 92 km, 5:30 h

Um 7:00 Uhr weckte uns der laute Ging-kling-gong der Schiffsglocke. Im strömenden Regen versuchten wir, den ohnehin schon vollen Bus noch mit unseren Habseligkeiten zu füllen. Elbabwärts führte uns unser Weg dem starken Wind entgegen nach Meissen. Unzählige Stopps später, welche vor allem durch Notreparaturen an den Leihfahrrädern verursacht wurden, mussten wir eines der Räder als „Organspender“ auch noch in den Bus laden. In Mockritz hatten wir das Glück, unsere Pause durch das Angebot an einem frisch aufgebauten Getränkewagen (aus Anlass des Feuerwehrfestes) zu verschönen. Im frisch sanierten Vereinsheim des SV Sermuth verbrachten wir die Nacht am Rande des Fußballfeldes.

 

23.07.2011 Sehrmuth – Schönburg, 100 km, 6:00 h

Dank der ersten Knieausfälle verzögerte sich unser Start ein wenig. Südlich von Leipzig ging es auf zum Teil guten Radwegen nach Sachsen-Anhalt. Von besonderem Interesse waren sowohl die großen Photovoltaik- und Windenergieanlagen als auch die Braunkohlekraftwerke im Leipziger Umland. Entlang der Saale fuhren wir durch Mitteldeutschland nach Schönburg. Unser jugendlicher Leichtsinn veranlasste uns dazu, dem vorgegebenen Weg nicht zu folgen. Dies bescherte uns einen Mehrweg von 10 Kilometern und ein Lächeln auf dem Gesicht derjenigen, die den richtigen Weg gewählt haben. Dafür standen bei unserer Ankunft die Zelte bereits.

 

24.07.2011 Schönburg – Tiefurth, 65 km, 4:45 h

Naumburg, die älteste Stadt Deutschlands und durch Handel an der Via Regia im Mittelalter zu Blüte gekommen, war für unseren heutigen Tag das erste kulturelle Ziel. Kloster Pforta, Thüringisches Landesweingut und Landesschule, war das zweite kulturelle Ziel. Bad Kösen, Salinen- und Kurstadt, war das dritte kulturelle Ziel. Von da an konnten wir 30 Kilometer „freies Fahren“ praktizieren: Der Ausschilderung folgend, fuhren wir auf dem Ilmtalradweg nach Tiefurth. Dies bescherte uns – wieder einmal – 10 Kilometer Mehrweg. Wartend auf die Nachzügler musste die Gute Seele unserer Reise einen unendlichen Dialog über das Wetter erdulden. Anna Pawlowna, russische Zarentochter und Reisende auf der ViaRegia, war das vierte kulturelle Thema des Tages. Den Geburtstag einer unserer Mitreisenden konnten wir bei Kuchen und Krim-Sekt feiern. Durch Zufall trafen wir am abendlichen Lagerfeuer noch einen Reisenden, der bei einer renomierten Firma im Bereich Windenergieanlagen arbeitet. Er konnte uns viele interessante Details zur Thematik Regenerative Energien vermitteln.

 

25.07.2011 Tiefurth – Gotha, 58 km, 3:15 h

Am Morgen haben wir versucht, aus den verbleibenden Fahrrädern und gesunden Knien wieder möglichst viele fahrbereite Gespanne zusammenzubasteln. So konnten wir leider erst verspätet nach Weimar aufbrechen und hatten dementsprechend wenig Zeit für die Klassikerstadt. Danach ging es in gemütlicher Fahrt nach Erfurt. Die schnelleren konnten den guten Italiener aufsuchen, die Nachzügler konnten leider nur neidisch gucken. In Erfurt mussten wir trotz langer Erholungspause leider einige Teilnehmer wegen gesundheitlicher Allüren zurücklassen. Umso schneller erreichten wir Gotha, diesmal sogar fast zeitgleich mit dem Tourbus. Von der tollen Unterkunft im Mehrgenerationenhaus e. V. waren wir alle sehr begeistert. Sogar ein Frühstück war im Preis inbegriffen!

 

26.07.2011 Gotha – Gerstungen, 66 km, 4:00 h

Das Frühstück (inklusive!!!) im Mehrgenerationenhaus war phänomenal. Auf dem Weg nach Eisenach konnten wir uns über Windenergieanlagen informieren, insbesondere deren Effizienz und die damit verbundenen Herausforderungen an Speichersysteme und Stromnetze. In Eisenach wanderten wir auf die Wartburg. Für den angebotenen Eseltransport waren (und sind) wir einfach zu FETT gewesen. Die Wartburg haben wir zunächst indivduell und anschließend mit einer Führung erkundet. Ein wenig Verzögerung verursachte mal wieder eine Reparatur. Frisch motiviert sind wir am Rennsteig entlang ins Werratal gefahren. Unterwegs konnten wir noch eine Photovoltaik-anlage besichtigen und wurden über die Erzeugung von Energie aus Sonne kurz informiert. In Gerstungen übernachteten wir in einer Turnhalle. Das Abendprogramm war Turnen.

 

27.07.2011 Gerstungen – Neukirchen, 92 km, 5:15 h

Am heutigen Morgen stößt die Abgeordnete Viola von Cramon (Bündnis 90 / Grüne) zu uns, um uns einen Tag lang zu begleiten. Der Lokalpressetermin fiel infolge von Desinteresse aus, so das wir ein individuelles Fotoshooting vor dem Rathaus machen mussten. Danach konnten wir direkt in die Berge starten. Die Anstrengungen des Vormittags waren für einige zu viel. Eine Essenspause beim Discounter half nur kurz, so dass wir sie zurücklassen, und vom Tourbus einsammeln lassen mussten. Hinter Bad Hersfeld nutzten wir die Gelegenheit, bei einer ausgedehnten Mittagpause um 16:30 Uhr, ein Plenum unter der Linde über Regenerative Energien, Ökopolitik und alternative Möglichkeiten der Energiegewinnung in der Ukraine abzuhalten. Am Abend erreichten wir, vor einem Gewitter fliehend, Neukirchen. Hier wurden wir von der regionalen Tourismusverantwortlichen herzlichst empfangen und über den aufblühenden Tourismus im so genannten Rotkäppchenland informiert und mit T-shirts ausgestattet. Insbesondere für Radwanderwege wird in der Region viel investiert. Unser Tourbus brachte Frau von Cramon wieder nach Gerstungen zurück. Wir bedanken uns nochmals für die angebotene Gelegenheit und das interessante Plenum.
PM von Viola von Cramon zur dt.-ukr. Radtour

 

28.07.2011 Neukirchen – Steffenberg, 101 km, 5:45 h

Am morgen unterbrach uns das TÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖ einer Heckenschere in unserer Lethargie. Den Tag verbrachten wir im wesentlichen nur mit Kilometer schruppen. Zunächst ging es auf ausgebauten Radwegen oft im Flusstal entlang. In Neustadt (Hessen) pausierten wir im Park am ältesten Fachwerkrundbau Europas. Kurze Zeit später hatten wir eine Panne und, die weiterfahrenden Leute einen Unfall. Sie stießen mit einem entgegenkommenden Radfahrer zusammen. Zum Glück ist bis auf ein paar Abschürfungen nichts passiert. In Bad Hersfeld konnten wir endlich in einem kompetenten Fahrradladen unsere Leihräder warten und mit neuen Teilen ausrüsten. Die Straße „An der dicken Eichel“ lud zum Posen ein. Kurz vor unserem Tagesziel mussten wir jedoch noch eimal einen Bergsattel überwinden. Am Abend hatten wir auf dem Sportplatz in Steffenberg noch die Gelegenheit, eine Runde Beach-Volleyball zu spielen.

 

29.07.2011 Steffenberg – Reichshof, 93 km, 6:00 h

Nach einer Nacht mit kleinen Nagern, welche die Turnhalle mit uns teilten, brachen wir in die bisher anstrengendste Etappe auf. Durch das Bergland mit Pässen um die 600 Meter Höhe, quälten wir uns teils schiebend und teils abwärtsrasend. Doch so schnell wir auch fuhren, den Pannenteufel konnten wir heute nicht abhängen. Zwei Platten, eine Schaltung und eine Bremse fielen ihm zum Opfer. Ensprechend lange waren wir unterwegs. Als wir endlich in Reichshof ankamen waren wir alle ziemlich platt. Das vorbereitete Abendbrot, die anschließende Sauna und unsere neuen Gäste aus der Lausitz munterten uns jedoch schnellstmöglich auf.

 

30.07.2011 Reichshof, 0 km, 0:00 h

Echte Betten! Und dazu ein rundum sorglos Programm. Den Ruhetag konnten wir in vollen Zügen genießen. Im Haus SpielFeld wurden wir sehr gut betreut, sogar eine Tour durch den Hochseilgarten konnten wir absolvieren.

 

31.07.2011 Reichshof – Sindorf, 87 km, 5:45 h

Endlich ging es wieder bergab! Nach den Beretappen und der wunderbaren Erholung geht es heute vor allem talwärts. Doch bereits nach wenigen Kilometern wird eine steile Kurve einigen zum Verhängnis. Den bremsenden Vordermann erkennt ein Radler zu spät und fährt ihm hinten drauf. Der Schwung genügte um beide zu Fall zu bringen. Da die Verletzungen eine Weiterfahrt unmöglich machten, mussten wir den Notazt rufen, welcher die beiden einsammelte und in das nächstgelegene Krankenhaus fuhr. Danach warteten wir noch auf den – ohnehin schon überfüllten – Tourbus, um noch die zwei Räder zu verstauen. Das Rheintal erreichten wir bei Köln. Hier trafen wir auch unsere beiden Bruchpiloten, welche nun je um einen Gips reicher waren (ein gebrochenes und ein ruhiggestelltes Handgelenk). Nach einer ausgedehnten Stadttour brachen wir zum Tagesziel nach Sindorf auf, wo wir am späten Abend ankamen. Der Verantwortliche des VFL Sindorf e. V. empfing uns aufs herzlichste und mit frisch gebrühtem Kaffee.

 

01.08.2011 Sindorf – Maastricht, 89 km, 5:45 h

Heute mussten wir früh aufbrechen (was leider nicht ganz geklappt hat), da wir eine Führung durch das Forschungszentrum Jülich angemeldet hatten. Währrenddessen versucht der Tourbus unsere Bruchpiloten bei Allgemeinärzten vorzustellen. Erst der 5.!!! Arzt nimmt sie an! Nach einer zügigen und unfallfreien Fahrradfahrt erreichten alle anderen das Forschungszentrum. Hier wurden wir herzlich empfangen, und zunächst durch einen Vortrag über wesentliche Tätigkeitsbereiche der Einrichtung informiert. Anschließend wurde uns das Areal bei einer Busfahrt gezeigt. Zum Abschluss konnten wir noch Einblicke in die Brennstoffzellenforschung gewinnen. Danach brachen wir nach Aachen auf, was wir trotz aller Anstrengungen nicht pünktlich zur angemeldeten Führung durch den Dom erreichten. So mussten wir uns mit der Standardführung und einem sichtlich gelangweilten Führer begnügen. Nach einem ausgedehnten Stadtbummel schwangen wir uns wieder auf die Räder um endlich Deutschland zu verlassen. Maastricht, das heutige Tagesziel, erreichen wir erst nach Sonnenuntergang. Das hatte zur Folge, dass die Duschen im angrenzenden Bootshaus bereits geschlossen waren. Einige nutzen daher die Maas als abendliches Bad. Den erlebnisreichen Tag ließen wir bei einem Käsefondue beziehungsweise einer Kneipentour ausklingen.

 

02.08.2011 Maastricht – St. Joris Weert, 96 km, 6:15 h

Der heißeste Tag der ganzen Tour. 36°C im Schatten und von diesem nirgends etwas zu sehen. Auf unser Tour durch die Niederlande nach Belgien wurden wir von der Sonne regelrecht gegrillt. Dies war für einige zu viel und wir mussten dem Kreislauf zuliebe einige Zwangspausen einlegen und einen Radler sogar in den Tourbus verladen. Dieser sieht mittlerweile recht abenteuerlich aus: mehrere Räder auf dem Dach, die Sitze mit Invaliden und Gepäck bis unter das Dach gefüllt und zwischendrin unsere gut gelaunte Busfahrerin. Eine der Pausen nutzten wir, um auf einer Wiese einen superleckeren Kaffee zu genießen. Erst hinterher stellten wir fest, dass wir nur knapp neben dem städtischen Hundeklo pausierten. Die geplante und gebuchte Unterkunft im Jugendlager in St. Joris Weert stellt sich am Abend als Zeltlager heraus. Wenngleich in der Buchung auf Hütten hingewiesen wurde. Aber da gab es wohl einige Sprachdifferenzen. Am abend schlossen wir noch Wetten ab, wann wir am mächsten Tag wohl losfahren können.

 

03.08.2011 St. Joris Weert – Brüssel, 36 km, 2:00 h

9:13 geht es los und somit stand der Gewinner der vorabendlichen Wette fest. Nach Brüssel, dem Tages- und Gesamtziel, sind es nur noch gut 30 Kilometer, die wir im einsetzenden Dauerregen zurücklegten. Die Stadt welbst erkundeten wir zunächst auf dem direkten Weg zur Jugendherberge. Doch der Pannenteufel wollte uns noch ein wenig im Regen stehen lassen: insgesamt vier platte Räder galt es heute zu reparieren (genau so viele wie in allen anderen Tagen zusammen). Kurz vor dem Ziel entdeckte uns noch ein Team des regionalen Fernsehens und wollte unbedingt noch einen Dreh mit uns machen. Dass muss ziemlich armselig ausgesehen haben: knapp 20 klitschnasse, durchgefrorene Radler die ein paar Runden um überdimensionierte Blumentöpfe drehten. Ob es wohl je gesendet wird? Im Hostel legten wir uns erst einmal trocken, bevor wir zur ukrainischen Botschaft aufbrachen. Am Abend führte uns noch ein Mitarbeiter der „Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit“ durch Brüssel und gab uns Einblicke in seine Arbeit in und für Europa. In der Nacht konnten einige von uns die Tour auf dem Rummel würdig beenden.

 

04.08.2011 Brüssel, 0 km, 0:00 h

Am Morgen reisten unsere ukrainischen Teilnehmer ab. Die Verbleibenden schauten sich zunächst das Europaparlament an, bevor wir die Busse (nunmehr zwei für den Rücktransport) ein wenig entkeimten und neu beluden. Danach gab es noch ein Abschlussessen, welches wir aufgrund der fehlenden ukrainischen Mitesser nicht alleine verzehren konnten und es somit an andere Gäste im Hostel verteilten. Danach ging es in die Stadt zum Sightseeing und Abschlussabend.

 

04.08.2011 Brüssel – Ostsachsen, 950 km, 11:00 h

Am letzten Tag unserer Reise bestiegen wir die Busse und legten binnen eines Tages die Strecke, für die wir mit dem Fahrrad zwei Wochen benötigt haben, zurück.

 

Hinweise

Mit freundlicher Unterstützung durch:

Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
„Otto was here“ – Magdeburg
Peter Dornier Stiftung
u.v.m.

 

Bildnachweis:

Chris Hettwer, Juri Kowski, Nikita Shympko, Ramona Buchert, Roland Kleicke, Lena Streis

 

Ausfälle:

– 9 Schläuche
– 1 Mantel
– 3 Bremsen
– 4 Schaltungen
– 2 Tretlager
– 1 gebrochenes Handgelenk
– 1 angebrochenes Handgelenk
– 6 (Dauer-)Knieschmerzen
– 3 Knöchelschmerzen
– 9 Schürfwunden
– 1 Halsschmerzen
– 1 Ohrschmerzen
– 1 Heimweh
– 1 Fieber

 

Presseecho

Pressemitteilung querdurch
Lausitzer Rundschau

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